Wir mögen die Rallye Dakar. Sie ist auch nach über 30 Jahren und dem Wechsel auf einen anderen Kontinent im Jahre 2009 ein echtes Abenteuer geblieben. Doch es hat einen weiteren Grund: Wenn Fahrzeughersteller das Interesse an dem Wüstenspektakel verlieren, wird die Veranstaltung nicht sofort eingestellt, sondern gewinnt eher noch an Spannung. Selbst wenn ein übermächtiges Privatteam sich eigentlich nur selber besiegen kann. In diesem Jahr heißt dieses Team X-raid. Seine Mission: Gewinnen. Sein Einsatzfahrzeug: MINI.
Falsch! Denn mit MINI hat der „MINI ALL4 Racing“ genannte Einsatzwagen des in Trebur ansässigen Teams so gar nichts zu tun. Sicherlich, das Erscheinungsbild mag an den Countryman erinnern, doch rund 20 Zentimeter mehr Breite und Länge (von dem Höhenwachstum ganz zu schweigen) lassen es erahnen: Unter dieser Carbonhülle ist feinste Rallye-Raid Technik gequetscht. Im vorderen Teil des Gitterrohrrahmens steckt zum Beispiel ein Diesel Motor, von dem R60 Fahrer nur träumen können. Sechszylindrig, mit gewaltigen Drehmomentbergen gesegnet und mit deutlich über 300PS auch für ein zügiges Vorankommen geeignet.
Mission Erfüllt: Der X-raid MINI fliegt zum Sieg bei der Dakar 2012
Natürlich leidet bei einem solchen Leistungsexzess ein wenig das Kofferraumvolumen, denn man will ja als gestandener Wüstendurchquerer nicht ohne Kraftstoff auf halber Strecke liegen bleiben. Ein 420 Litertank steckt daher im hinteren Teil des Stahlgeröhrs, welches wiederum an ein Carbon Monocoque geschraubt ist. Darin sitzen fest verzurrt für 290 bis 860 Kilometer pro Tag Fahrer und Navigator.
Erfolgsmodell: Der MINI All4 Racing belegt die Plätze 1, 2, 4, 8 und 10
Doch wozu der kleine Ausflug in die Technik des Marathon MINI? Weil er einfach geil ist! Das böse fauchen und grummeln des mit zwei Turboladern unter Druck gesetzten drei Liter Dieselmotors ist zwar völlig untypisch für einen MINI, erzeugt aber trotzdem Gänsehaut. Und gewinnt! Letztes Jahr mit Leonid Novitskiy und Andreas Schulz den FIA Weltcup für Offroad Rallyes und jetzt mit Stéphane Peterhansel und Jean-Paul Cottret die Rallye Dakar, die prestigeträchtigste Veranstaltung dieser Serie. Doch damit nicht genug, auf den Plätzen 2, 4, 8 und 10 folgen die weiteren X-raid Boliden. Ein verdienter Sieg, wie bigblogg über die letzten zwei Wochen auf Facebook zu berichten wusste.
Erfolg macht sexy! Das weiß auch der Zweite der Dakar, Nani Roma
Das interessante an diesen Erfolgen ist, dahinter steckt nicht MINI. Sicherlich ist Teamchef Sven Quandt auf Grund seiner Familienhistorie bei BMW ein gern gesehener Gast, doch ausser etwas Support aus dem MINI Design Team und der BMW Dieselmotoren Entwicklung in Steyr, floss kein Geld der BMW Group zu X-raid. Im Umkehrschluss ist es jedoch um so verblüffender, wie MINI Motorsport das Rallye Monster in diesem Jahr vor den eigenen Marketing Karren spannt.
Kampf der Konzepte: Archaischer Buggy vs. Hightech Geländewagen
Es scheint fast, als wolle man ein wenig von den Wirren um das WRC Rallyeteam ablenken: Ein teilweise ausgeboteter Werksfahrer Kris Meeke, ein verpasstes Einschreibedatum bei der Rallye WM, die Besetzung eines Werkswagens beim Saisonauftakt in Monte-Carlo mit einem Bezahlfahrer. Das alles klingt nicht wirklich professionell und nach einem Werksteam. Ist die Ehe mit dem Partner und einsetzenden Team Prodrive bereits nach einem Jahr zerrüttet? Ist die Resonanz auf den MINI WRC aus zwei der wichtigsten Märkte (USA, Deutschland) nicht groß genug? Steht nach der Beendigung der MINI Challenge in Spanien und Deutschland das komplette Motorsportengagement von MINI im BMW Konzern auf dem Prüfstand? Fragen, die hier leider unbeantwortet bleiben doch viel Raum für Spekulationen lassen.
Spielplatz zum Sand aufwirbeln mit 2 Tonnen MINI und Allradantrieb
Da hilft dem MINI Aficionado nur eins: Sich mit X-raid über den Dakar Sieg freuen und nach vorne blicken, denn am 17. Januar beginnt die Rallye Monte-Carlo. Vielleicht können die MINI John Cooper Works WRC hier nicht nur die Fans begeistern, sondern auch die MINI Verantwortlichen überzeugen, Flagge zum eigenen Engagement zu zeigen, ganz so, wie es Volkswagen für den Polo WRC macht. Oder lauert gerade hier die Angst vor der Piëch’schen Groß- und Übermacht?
Unendliche Weiten: Die Dakar in Argentinien, Chile und Peru
Wer noch einmal die Dakar 2012 Revue passieren lassen möchte, dem sei die bigblogg Galerie, das MINI Motorsport Portal und der X-raid Youtube Channel empfohlen.
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