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Auf großer Fahrt mit LI-MO 730 (II)

„Da kam der Zeitpunkt, Axel sein eigentliches Weihnachtsgeschenk zu überreichen: Die Schlüssel der Stretch-Limousine für die erste Ringrunde!“ – Aha, so sehen also Weihnachtsgeschenke des Chefredakteurs aus. Wie heißt es so schön? Die Steigerung von gut ist gut gemeint! Da stand ich also auf einem schlecht besuchten Parkplatz an einer Rennstrecke mitten in der Eifel mit dem Autoschlüssel für ein siebenmeterdreißig langes Ungetüm in der Hand, das mit jedem Schweißpunkt seiner von mexikanischen Billiglohnarbeitern zusammengeschusterten Karrosserieverlängerung bittete und bettelte: „Tu’s nicht!“ Warum sollte ich auch? Denn nur ein Wahnsinniger ist so bescheuert und fährt mit einer Stretchlimo über die Nürburgring Nordschleife.

Also setzte ich die mir überreichte Chauffeursmütze auf, öffnete den Fond, machte einen Diener, ließ die 5 Fahrgäste einsteigen und setzte mich hinter das Volant.


Ab 02:36min: Der Beweis!


„Bist Du überhaupt schonmal mit diesem Auto gefahren“ fragte meine bezaubernde holländische Beifahrerin „Nö – wieso auch?“ Olivia wurde etwas blass um ihr zartes Näschen ob dieser Antwort und ich schaltete an der Lenkradschaltung von P auf D. Mein erster Gedanke, als sich die 2,7 Tonnen Fuhre träge in Bewegung setzte, war, ein Lincoln Town Car ist auch nur ein heckgetriebener, starrachsiger, blattfedriger V8 Eisenhaufen. Ob da der Radstand nochmal um rund zwei Meter verlängert wurde oder nicht, ist vollkommen egal. Ich erwarte so oder so ein alptraumartiges Fahrverhalten, welches zur Nordschleife so gut paßt, wie Moonboots zum Balletttanz. Ich wurde nicht enttäuscht.

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Meine bezaubernde Assistentin Olivia – am Vorabend noch im Fond (Foto: Markus Kampmann, Nordschleifenfotos.de)

Bereits in der Senke des Streckenabschnitts Tiergarten wurde mir schlagartig klar, so müssen sich auch Kapitäne von Supertankern fühlen. Im engen Hatzenbachgeschlängel bestätigte sich der Eindruck. Der Koloss – von Dombo liebevoll Krokodil genannt – schwankte und taumelte, es war eine wahre Pracht. Einmal in Unruhe versetzt wippte das Ding noch stundenlang nach. Was das mit der Wendigkeit, Schnelligkeit und Angriffslust eines Krokodils zu tun haben sollte, erschien mir schleierhaft.

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Selbst die Webcam hat uns erwischt: (Foto via 8200rpm.com)

Egal, den Fahrgästen schien es zu gefallen, denn aus dem Fond hörte ich trotz gesteigerte Aufmerksamkeit für den Streckenverlauf Ausdrücke des Entzückens und selbst meine Beifahrerin strahlte zufrieden. So schaukelte ich die Besatzung behutsam durch den Abschnitt Flugplatz und forderte erstmals den 4,6 Liter V8 Smallblock auf der Zufahrt Richtung Schwedenkreuz. Wow – Longitudinal geht die Fuhre ja richtig vorwärts. Aber ob die negative Beschleunigung das hält, was die Längsbeschleunigung versprach? Aremberg war Schicksals- und Hoffnungskurve zugleich und ich ließ mich dabei von einem seltsamen „Klonk“ im Bremspedal genauso wenig irritieren, wie von den unter starker Belastung zu rubbeln beginnenden Bremsen. Ergebnis: Der Kurvenlösepunkt und die Kurveneinfahrsgeschwindigkeit waren perfekt und niemand bemerkte die kleine Schweißperle unter meiner Dienstmütze.

„Ich glaube, in der Senke der Fuchsröhre zerbricht das Krokodil – paß also auf!“ Diese vertrauensbildenden Worte gab mir dombo kurz vor Abfahrt noch mit auf den Weg und sie schossen mir kurz vor der Senke wieder siedend heiß durch das Hirn. Oh, oh… instinktiv bremste ich vorsichtig, schließlich war unser Reisetempo bereits dreistellig und auch im Fahrgastraum war es seltsam still geworden. Doch es brach nichts. Es knackte nicht einmal und so ging es frohgemut Richtung Adenauer Forst weiter. „Can it drift?“ schallte es plötzlich von den hinteren Plätzen. Tja, das würde ich eigentlich auch gerne wissen. Aber eben nicht unbedingt mit Olivia neben mir und vier weiteren Fahrgästen hinter mir. So war meine Linie durch den Forst äußerst defensiv und nur am Kurvenausgang räuberte ich sanft über die Curbs, was aber niemand zu bemerken schien.

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Immer freundlich die Presse grüßen… (Foto: Norbert Pauly, motorsport-klassik)

Metzgesfeld, die schnelle Links, ich liebe diese Kurve. Nur eben nicht mit dem Winterreifen Setup der Stretchlimo. Außerdem graute mir schon vor Kallenhard. Ich sah förmlich vor meinem geistigen Auge, wie mein kleiner Panzerkreuzer auf der Kuppe zwischen den beiden Streckenabschnitten auf Grund geht und die Passagiere schreien „wir sinken!“. Doch auch dieses Szenario blieb mir erspart. Schön sanft schaukelten wir uns Richtung Miss-Hit-Miss. Schrieb ich nicht weiter oben über das Lenkverhalten und den Supertanker? Bei dieser kniffligen 3-fach-Rechts wurde das Problem wieder sehr offensichtlich. Man lenkt ein, wartet und stellt verwundert fest, langsam aber sicher bewegt sich das schwarze Monstrum tatsächlich auch in Richtung der mit dem Lenkrad vorgeschlagenen Kurvenlinie. Respekt! Wir erreichten die Anbremszone von Wehrseifen tatsächlich mit einem Rudereinschlag.

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…dann wird man auch ordentlich photographiert (Foto: Norbert Pauly, motorsport-klassik)

Doch jetzt kam der mit Spannung erwartete Höhepunkt der Kreuzfahrt: Schafft LI-MO 730 die engste und langsamste Stelle der Nordschleife in einem Rutsch oder muß der Chauffeur umsetzen? …Fortsetzung in Teil 3

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