MINI und Tuning, das gehört seit jeher zusammen. Seinen MINI in Sachen Optik und Leistung zu individualisieren ist bereits zu Zeiten des rein britischen Classic Mini ausgiebig praktiziert worden. BMW hat dies Anfang dieses Jahrtausends aufgegriffen, als die Neukreation des beliebten Kleinstwagens auf dem Markt positioniert wurde. Lifestyle war das große Stichwort! Der Produktkatalog und der Fahrzeug-Konfigurator ließ von Beginn an nahezu endlose Kombinationsmöglichkeiten zu, um sich wirklich seinen eigenen MINI zusammenstellen zu können.
Natürlich kommt auch der Fahrer selbst nicht zu knapp und kann dank Mode und Accessoires aus dem Zubehör- und Lifestyle-Programm sicherstellen, dass er dem coolen Look seines fahrbaren Untersatzes in nichts nachsteht. Dies erhöht die emotionale Bindung zum Automobil und fruchtet in einer anfangs rasant wachsenden New-MINI Community und leistete damit einem wichtigen Anteil zur Bildung der revitalisierten Marke MINI.
Auch die sportliche Note fehlte nie
Die Marke MINI ist untrennbar mit dem Rennfahrer und Tuning-Spezialisten John Cooper verbunden. Was sein Vater mit dem Classic Mini vorgemacht hatte, führte Mike Cooper in enger Zusammenarbeit mit BMW fort und war von Anbeginn mit passenden John Cooper Works Tuning Kits für die verschiedenen MINI Modelle zur Stelle. 2007 wurde die Marke John Cooper Works dann auch noch unter das Dach von BMW geholt. Und nun, weitere 5 Jahre später, nachdem der ein oder andere Mitarbeiter aus der BMW-M Abteilung zu MINI gewechselt ist, hat man scheinbar weiteres damit vor und möchte sich neu ausrichten.
Masse statt in Maßen
Das Hauptaugenmerk liegt seit einiger Zeit auch bei MINI ganz klar in der Gewinnmaximierung. Aktionäre müssen scheinbar eher zufrieden gestellt werden als Kunden. Die anfangs so gehegte Community wird nun hier und da gerne vernachlässigt, wenn nicht sogar auch mal mit Füßen getreten (als Beispiel sei hier das Terminchaos mit MINI United 2011/2012 genannt). Und so entwickelt sich das Unternehmen zu einer doch irgendwie gewöhnlichen Automobil-Marke. Kombi, Roadster, SUV, Van… alle Derivate müssen abgedeckt werden um möglichst viele Käufer anzusprechen. Das führt dann auch zu Modellen, bei denen nur noch der Name MINI ist. Am Ende zählt halt doch die Masse und nicht das Außergewöhnliche.
Wohin des Weges?
Wo möchte MINI denn nun mit dem Sub-Brand John Cooper Works hin? Sportliche Zugpferde, wie die deutsche MINI Challenge, die diesen Markennamen bislang transportierten, werden kurzerhand eingestampft. Auch ein Rallye Engagement mit der dynamischsten Variante des Countryman wird bei genauerem Hinsehen recht stiefmütterlich behandelt. Leistungsmäßig können die JCW MINI Modelle von der Stange der Konkurrenz längst nicht mehr das Wasser reichen und auch das so berühmte Go-Kart-Feeling ist kein wirkliches Alleinstellungsmerkmal mehr. Sogar ein besonders sportliches Sondermodell in Form der R56er Auflage des MINI GP wird daran nichts ändern, vor allem da es zu einer limitierten Ausstattungsvariante zu verkommen scheint.
Eine schwierige Grätsche
MINI und Tuning? Klar! MINI und Tuning-Szene? Nein, nicht wirklich! Wer auf entsprechenden Messen und Events unterwegs war, wird sicher festgestellt haben, dass sich hier nur selten mal ein MINI hin verirrt. Der Geschmack des Tuners hat sich dann meist auch verirrt, aber das bleibt die szenetypische Geschmacksfrage. MINI Fahrer separieren sich gerne in ihrer eigenen Szene. In dieser geht es mehr um Lifestyle, Fahrspaß und lebendige soziale Netzwerken anstelle von Extremtuning, welches jeden Gullideckel zum Hindernis macht.
Ist das internationale Messe-Event für Auto-Tuning, Lifestyle und Club-Szene am Bodensee nun hoffähig geworden, oder ist MINI auf dem Weg, sich dem Niveau solcher Veranstaltungen anzupassen? Es sieht so aus, als müsse auch das sportliche Töchterlein JCW sich dem Diktat von oben beugen, welches da heißt: Masse statt Klasse! Auf jeder Hochzeit wird getanzt. Die Marke will mit aller Gewalt in die Breite. Es wird ihr weiterhin gelingen – verloren gehen werden aber die Fans und Liebhaber der ersten Stunde, die einst die Community gross gemacht haben. Aber für diejenigen, die nach wie vor an ihren R50/R53 der ersten New MINI Generation festhalten und diese pflegen, veredeln und aufmotzen, hat das Tuning- und Zubehörprogramm beim Händler ohnehin nicht mehr viel zu bieten.