Sacken lassen. Ja, eine Veranstaltung, wie das 2013er 24h Rennen von Le Mans muss man einfach erstmal sacken lassen, bevor man darüber etwas schreiben kann. Zu viele Eindrücke prasselten von Donnerstag, den 20. bis Sonntag, den 23. Juni auf mich ein. Zu viele Impressionen musste ich erst einmal verarbeiten, bevor ich mich wieder an die Tastatur meines Laptops setzen konnte. Und zugegeben: Ich hatte mir die vier Tage an der Sarthe eigentlich etwas anders vorgestellt. Wärmer, sonniger, sommerlicher, entspannter und vor allen Dingen mit einer traurigen Meldung weniger.
Es gibt Erlebnisse, die kann man nicht wiederholen. Mein erster Le Mans Besuch im Jahre 1989 gehört definitiv dazu. Trotzdem stand für mich außer Frage, die Einladung von Michelin zu diesem motorsportlichen Großereignis konnte und wollte ich nicht auszuschlagen. Vor allen Dingen, da mein Gastgeber bei dieser Veranstaltung das Heimrecht hat. Dunlop Bogen hin oder her, Le Mans ist fest in Hand des Bibendums. Das beweist nicht nur der Umstand, dass Großteil der startenden Teams auf die Reifen aus Clermont-Ferrand setzen, sondern auch die perfekte Organisation der Franzosen vor Ort.
Der Blick in die Dunlop Kurve hat einen ganz besonderen Reiz
Im Vergleich zu 1989 war Le Mans 2013 für mich dementsprechend sehr viel bequemer, einfacher, luxuriöser. Doch es hilft kein durchgetaktetes Programm, wenn man den Geist des Langstreckenklassikers in sich aufsaugen will, da hilft nur eins: Früh morgens raus an die Strecke. So geschehen am Samstag weit vor dem Start um 15:00h. Tom Schwede, Benny Hiltscher, Stefan Tegethoff und ich passierten kurz vor Start-Ziel die noch verschlafen dreinschauende Zugangskontrolle. Über das ehrwürdige Gelände zogen unheilschwanger Wolken, und lassen die alte Dame Le Mans noch ein wenig morbider erscheinen, als sie sowieso wirkt. Der Blick hoch zur Dunlop Kurve verursacht einen seltsamen Schauder. Hier drehte Steve McQueen 1970 seinen Filmklassiker. Hier feierte 1982 Porsche seinen legendären Dreifachsieg mit dem flammneuen 956 und heute durchfahren diesen Rechtsbogen die in diesem Jahr siegreichen Audi R18 e-tron quattro mit fast 300km/h wie auf Schienen. Ein Rennsportfan muss hier einfach einmal im Leben gewesen sein.
In Tertre Rouge lassen auch bei Nässe historische Boliden nichts anbrennen
Die vier Blogger zog es jedoch Richtung Tertre Rouge, den Streckenabschnitt vom Dunlop Bogen bis zum Beginn der sagenumwobenen Hunaudières Geraden. Der erwartete Regen setzte tatsächlich ein und an uns vorbei flogen wahrhaft mutige Männer in ihren Le Mans Rennfahrzeugen aus den Jahren 1949 bis 1965. Eine Stunde dauerte der Kampf der Gladiatoren im „Le Mans Legend Race“. Ein Hochgenuss für die Zuschauer, eine Zitterpartie für manche Fahrer, die sicherlich eine Errungenschaft gerne verwendet hätten: Intermediate Reifen, die wie Slicks aussehen und statt über Rillen das Wasser über eine Art Schwamm ableiten.
Faszinierend: Glatte Reifen, die wie ein Schwamm arbeiten
So irritierend dieser Satz beim ersten Lesen ist, so beeindruckend ist die Technik, die dahinter steckt und das ist keine Utopie, sondern Stand der Rennreifentechnik 2013. Michelin beweist mit dem Einsatz dieses Reifens in Le Mans, dass Motorsport nicht nur ein Marketingfaktor ist, sondern ganz klar das schnellste Entwicklungslabor für die Großserie. Doch wie so häufig beruht die Sympathie für eine Marke nicht unbedingt nur auf ihrer Kompetenz, sondern auch auf den Menschen die dahinter stehen. An dieser Stelle daher ein herzliches Dankeschön an all die Michelin Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dieses Rennsportwochenende zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben.
Le Mans: Auch aus der Luft ein Spektakel
Ach ja, da ist noch etwas. Die eingangs erwähnte traurige Meldung: Leider verlor Allen Simonsen beim Ausüben seiner Leidenschaft in Runde drei bei einem Unfall sein Leben. Es ist ein befremdliches Gefühl, so nah bei einem solchen Unglück vor Ort zu sein und erst im Nachhinein zu erfahren, was wirklich passiert ist. R.I.P. – race in peace!