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Hockenheim – oder wie ich lernte, die Waldgerade zu lieben

Bei manchen Dingen erkennt man erst, dass man sie vermißt, wenn sie nicht mehr vorhanden sind, Die langen Waldgeraden des Hockenheimrings gehören seit einiger Zeit auch dazu.

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Das war mal: Der alte Hockenheimring

Wir schreiben das Jahr 1999. Ganz Deutschland ist im Michael Schumacher Fieber und alle wittern noch auf Jahre hinaus das große Geschäft. Ein gewisser Bernie Ecclestone, die Hockenheim-Ring GmbH (und somit auch das Land Baden Württemberg), AvD, DMSB und wie sie alle heißen, die am Formel 1 Hype partizipieren wollen. Die Folge: Eine knapp 7 Kilometer lange Strecke mit zwei rund 2 Kilometer langen Waldgeraden paßt nicht ins Konzept der Profitgier. Mehr Zuschauer sollen an die Strecke und sie sollen die Rennwagen häufiger zu sehen bekommen, damit man noch illusorischere Eintrittspreise verlangen kann.

Seit 2002 ist das Ergebnis bekannt: Eine sterile 4,6 Kilometer lange Rennstrecke mit einem trostlosen Infield. Wirtschaftlich ging das ganze auch nicht auf. Schumacher fährt heute lieber ein wenig Motorrad, als professionell Formel 1 und auch alle Bemühungen von RTL helfen nichts: Formel 1 ist für den Bier-und-Pommes-Formel-1-Fan ohne den „Mischaehl“ einfach nichts. Dementsprechend blieben am Hockenheimring die Zuschauer fern und 2007 sogar auch der ganze Formel 1 Tross.

Doch eigentlich hat der Hockenheimring so viel zu erzählen. Erinnert sich noch jemand von den Lesern an die Formel Windschattenschlachten in den frühen 90ern? Ich glücklicherweise schon und ich möchte dabei nur an den großen Preis von Deutschland 1990 erinnern, als ein gewisser Alessandro Nannini dem großen Ayrton Senna 16 Runden trotzen konnte bevor er sich der Übermacht des McLaren Fahrers beugen mußte.
Oder wie wäre es mit der DTM? Also die richtige DTM, die bis 1995, als sich Herren, wie Cecotto, Ludwig, Stuck, Winkelhock und Ravaglia faszinierende Duelle bis zur Ostkurve und zurück lieferten.

Die Rennfahrer hatten ein ganz besonderes Verhältnis zu der Rennstrecke der krassen Gegensätze. Ayrton Senna brachte es dabei am besten auf den Punkt: „Ich fühle mich auf keiner Rennstrecke der Welt so glücklich und so frei wie in Hockenheim. Wenn ich aus dem Motodrom heraus in den Wald fahre, dann ist das ein berauschendes Gefühl. Wie in einem Tunnel – man ist ganz alleine mit sich selbst. Genauso die Schikane in der Ostkurve. Sie fordert einen Fahrer aufs Äußerste heraus, während frische Waldluft ins Cockpit strömt. Dann bin ich lange genug im Leeren gefahren, kehre zurück – und im Motodrom herrscht eine Euphorie wie in einem überfüllten Stadion.“

Doch nicht nur die besondere Charakteristik machte den Hockenheimring weltberühmt, sondern der Tod eines Mannes, der schon zu Lebzeiten als einer der ganz Großen bezeichnet wurde: Jim Clark. Er verunglückte im Jahr 1968 auf der Waldgerade bei einem unbedeutenden Formel 2 Rennen.


Ein zeitgenössischer Bericht über den verherenden Unfall

Wir schreiben das Jahr 2008. Motorsport wird immer noch auf dem Hockenheimring betrieben, aber die Waldgeraden gibt es nicht mehr. Doch viel schlimmer als der Verlust einer außergewöhnlichen Rennstrecke zu Gunsten der Formel 1, ist die Art und Weise, wie Stadt, Land und Rennstreckenbetreibergesellschaft mit der Geschichte der Rennstrecke umgehen. Die Renaturierung der Rennstrecke war sicherlich ein Zugeständnis an Umweltschützer, dass es aber nicht einmal einen Wanderweg auf dem ehemaligen Streckenverlauf gibt, dass es keine Hinweistafeln zu den ehemaligen Streckenabschnittsnamen gibt und dass der Jim Clark Gedenkstein einfach lieblos umgesetzt wurde, ohne wirklich zugänglicher zu sein, halte ich einfach nur für unglaublich unsensibel.

Jim Clark
Das Jim Clark Denkmal an der ehemaligen Einfahrt der Waldgeraden

Nachtrag: Die Entwicklung des Hockenheimrings von 1929 (Waldwege) über den Bau des Motodroms 1962 bis zur aktuellen GP-Strecke:

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2 Antworten

  1. Sehr geiler Bericht :cheesy:
    …und ich kann mich der Meinung soweit anschließen, aber natürlich habe ich auch wieder was auszusetzen. :finger:
    Ein Bild des aktuellen Hhr. um die "Kastration" ein wenig deutlicher darzustellen, sowie ein wenig mehr der Historie, bzw. Entstehungsgeschichte.
    Aber, nichtsdestotrotz : Weiter so.

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