Schon auf den ersten offiziellen Pressebildern war klar: Er sieht einfach zu gut und zu seriennah aus, um als reine Studie wieder in der Versenkung zu verschwinden und daher verwunderte es niemanden, als BMW Vertriebs- und Marketing-Vorstand Ian Robertson vor zwei Wochen auf der NAIAS verkündete, er geht in Serie, der MINI Paceman. Warum diese Studie auf eine durchweg positive Resonanz stößt und wann man das daraus abgeleitete Serienprodukt erwerben kann, klärt eine intimes Gespräch mit MINI Exterieur Designer Marcus Syring und dem ehemaligen MINI Chefdesigner Gert Hildebrand. Was ein Spass…
Designer haben eine Fähigkeit, die den meisten von uns Design-Konsumenten völlig abgeht: Sie können erklären, warum wir etwas schön oder hässlich finden. Sie können gestalterische Aspekte in Worte fassen, die wir in der Regel nur unterbewusst wahrnehmen, aber nicht begründen könnten. Doch ist erst einmal der erläuternde Kernsatz über die Lippen eines Designers gekommen stehen wir in der Regel verblüfft da und denken: „Ja klar, so ist es, warum ist mir das nicht gleich aufgefallen?“
„Designer können erklären, warum wir etwas schön oder hässlich finden“
Und wie verhält sich das beim MINI Paceman Concept? Erlebt der werte Leser bei dem Coupé auch den oben beschriebenen Aha-Effekt? Und überhaupt: Warum schmeichelt sein Äußeres dem Geschmacksempfinden der meisten Betrachter so viel stärker, als das des Countryman? Immerhin teilen sich die beiden die technische Plattform, den Radstand, sogar die Aussenlänge und alle Karosserieteile bis zur A-Säule. „Es ist die Betonung der Horizontalität“ lautet die lapidare Antwort von Marcus Syring. Und er hat recht.
„Warum schmeichelt sein Äußeres dem Geschmacksempfinden der meisten Betrachter so viel stärker, als das des Countryman?“
Schmale in die Höhe gezogene Rückleuchten, lange senkrechte Fugen an den vier Türen und der Heckklappe, sowie vertikal steil aufragende A-, B- und C-Säulen. Alles Charakteristika, die beim Countryman demonstrieren: Ich bin ein geräumiges und robustes Auto. Ganz anders der Paceman. Seine breiten und zugleich schmalen Rückleuchten ziehen sich wie ein saftiges Steak über die maskulin ausgestellten hinteren Radhäuser und durchbrechen sogar den Öffnungsbereich der Heckklappe. Die Fugen an den Türen verlaufen bauchig und die Türen selber laden mit ihrer opulenten Breite zum Einstieg ein und dass, obwohl die Dachline rund 40 Millimeter tiefer ist und zusätzlich nach hinten dynamisch abfällt. Der Dreitürer bietet keinen aufrechten Ausguck mehr, sondern eher Schießscharten, die durch die stark geneigten B- und C-Säulen zusätzlich noch betont werden.
„Seine breiten und zugleich schmalen Rückleuchten ziehen sich wie ein saftiges Steak über die maskulin ausgestellten hinteren Kotflügel“
Doch diese horizontale Orientierung beim ersten „Sports Activity Coupé im Premium-Segment“ (MINI über den Paceman) ist auch ein weiterer Schritt zur Emanzipierung der Marke vom prägenden Design des Classic Minis, denn ein klassisches Erkennungsmerkmal aller bisherigen MINIs wurde für die Konzeptstudie überraschend aufgegeben: Die vom Karosserieblech umschschlossenen Rückleuchten, die sogenannte Insellösung.
„Das erste Sports Activity Coupé im Premium-Segment – und ein echter MINI.“
Doch auf die Frage nach dem Warum antwortet Gert Hildebrand gelassen und weitläufig interpretierbar: „Neben Inseln gibt es auch Halbinseln, neben insular-solutions gibt es auch noch weitere Steigerungen und Ableitungen. Eben auch sogenannte penninsula-solutions, wie zum Besipiel semi-command-positions und semicircular-solutions. Alles MINI ICONS als Interpretationsfreiheit.“
„R61 geht Ende 2012 in Produktion und wird im März 2013 beim Händler stehen“
Auch wenn das MINI Paceman Concept, das Abschiedsgeschenk von Gert Hildebrand an seine vielen Fans ist und der letzte MINI vor dem der charismatische Designer offiziell photographiert wurde, merkt man: Sein Einfluss auf die MINI Variationen der nächsten Jahre wird spürbar bleiben. Das dreitürige Coupé auf Countryman Basis ist der beste Beweis: Gemäß der „Kleine Zeitung“ aus der Steiermark geht das Fahrzeug mit Entwicklungscode R61 Ende 2012 bei Magna in Graz in Produktion und wird 2013 beim Händler stehen. Ob es dabei auch den Namen Paceman behält ist aktuell noch unklar. Klar sind jedoch die Absatzziele. MINI ist dabei durchaus optimistisch und traut dem Fahrzeug ein Volumen von 20.000 Einheiten pro Jahr zu. Zum Vergleich: Der R60 wird auf eine Stückzahl von 100.000 p.a. taxiert.
Doch noch einmal zurück zu Gert Hildebrand. Der ehemaligen MINI Chefdesigner hat bigblogg bei diesem Artikel nicht nur mit seinen Erläuterungen unterstützt, sondern auch mit seiner Leidenschaft als Photograph. Er öffnete exklusiv für bigblogg seine Bilderschatztruhe und zeigt dem werten Leser den Blickwinkel als Designer auf sein Baby. Hier im Blog und in der bigblogg Paceman Galerie. Danke dafür!
Eine Antwort
Man sieht dem Paceman seine Größe überhaupt nicht an. Wenn der so kommt, könnte ich mich ja glatt doch noch zu einen Blechdach durchringen.
@GH: Toller Wurf, schade dass es der letzte ist.
Toller Bericht, tolle Bilder, tolle Eindrücke!