Der 81. Genfer Auto Salon endete bereits Mitte März. Beschäftigte sich bigblogg zeitnah in Teil 1 noch mit den harten Fakten des Rallyesports, analysiert Teil 2 etwas verzögert eines der Messe Highlights, das MINI Rocketman Concept. Doch auch rückblickend lohnt es sich, noch einmal einen etwas detaillierteren Blick auf den mini MINI zu werfen, der mit modernen Werkstoffen, ausgefallenen Details und typischen MINI Merkmalen den Spagat zwischen Reminiszenz an die Historie und Grundsteinlegung für die Zukunft schaffen möchte. Ein gewagter Ansatz…
Die Türscharniere erinnern an die Türanschläge des classic Mini bis 1969
Fesch steht er da, der Raketen Mann. Und er ist sofort als MINI zu erkennen. Sechseckiger Kühlergrill, aufgesetztes Dach, runde Scheinwerfer und an jeder Ecke ein Rad. Was will man mehr? Doch die klassische Formensprache wird subtil weiterentwickelt. Zum Beispiel werden die charismatischen Radhausverbreiterungen, die bei diesem MINI in Carbon gehalten sind, durch eine starke Konturierung des darüber verlaufenden Bleches zusätzlich betont. Aber auch die typische – von Dachkante bis Radhausverbreiterung – durchgehenden Linie der A-Säule wird obendrein durch zwei Scharniere pro Fahrzeugseite hervorgehoben, die optisch an die aussenliegenden Türanschläge erinnern, wie sie der classic Mini bis 1969 besaß. Der Blick auf die Gestaltung der Ahnen hört damit jedoch nicht auf, sondern wird mit dem äußerst schlicht gehaltenen zentralen Informationsdisplay im Innenraum gekonnt weitergespielt und endet letztendlich erst beim mittigen Endrohr der Auspuffanlage, jedoch ganz modern ummantelt aus Carbon und… beleuchtet!
Beleuchtet anstatt glühend: Das Endrohr der Auspuffanlage
Rückschlüsse vom Rocketman Concept auf das Aussehen eines möglichen mini MINI Serienmodells zu ziehen ist schwierig, doch zu vermuten, dass diese Studie einen generellen Ausblick auf eine neue Modellreihe oder die zukünftige MINI Designrichtung geben könnte, ist durchaus berechtigt, wie AutoCar in einem Interview mit BMW Vorstand Ian Robertson herausfand. Dass ein entsprechendes Endprodukt natürlich deutlich vom Genfer Raketchen abweicht, ist nachvollziehbar, aber in manchen Details auch wünschenswert. Das aufwendige Türkinematik entfällt auf jeden Fall schon mal aus Kostengründen, die obere Heckklappenkonstruktion scheidet wegen der fehlenden Praktikabilität aus und die haltegriffartigen Rückleuchten dürfte als liebenswerte aber unrealistische Fingerübung der Designer abgetan werden, obwohl gerade dieses leuchtende Detail am stärksten die Betrachter polarisierte. Aber auch der Innenraum wird bei einer Serienproduktion deutlich weniger Leder und mehr Kunststoff erhalten.
Rocketman Rückleuchten: LED eröffnet neue Möglichkeiten und polarisiert
Doch wo will MINI mit dem Rocketman überhaupt hin? Mit 342 Zentimetern Aussenlänge ist er nicht kurz genug, um sich ausreichend vom 373 Zentimeter langen „Massen-MINI“ R56 abzusetzen und immer noch viel zu lang, um auch nur ansatzweise an den 305 Zentimeter langen Urahn zu erinnern. Da hilft auch der schmeichlerische Pressetext nichts, der von einer Fahrzeuglänge von „knapp über 3 Metern“ spricht. 3,42 Meter sind nicht knapp über 3 Meter! Doch es sind nicht die Erläuterungen bezüglich der Länge, die irritieren, es ist die Breite. Mit 191 Zentimeter überragt die Studie das Vorbild von 1959 um fast einen halben Meter, während die Presseabteilung jubelt „Auch in den Proportionen zeigen sich deutliche Übereinstimmungen […] zum classic Mini“.
3,42 Meter sind nicht „knapp über 3 Meter“!
Der einzige wirkliche Vorteil der beschriebenen Proportionen: Auch dieser MINI könnte mit einer markentypische Fahrdynamik gesegnet sein, was ihn deutlich von seinen anvisierten Mitbewerben in Form eines Smart Fortwo und eines Toyota iQ absetzt. Und der Rocketman bietet der deutsch-englischen Marke auch die Möglichkeit weiter zu wachsen. Nicht nur im Absatzvolumen, sondern auch in den Abmessungen des R56 Nachfolgers. Denn ein Serienableger des Genfer Konzeptfahrzeuges bietet die Möglichkeit, dass der New MINI der dritten Generation (F56) sich endgültig in die 3,9 Meter Klasse von Volkswagen Polo und Co. festsetzt.
Die Heckklappenkonstruktion scheidet wegen fehlender Praktikabilität aus
Wieviel Zentimeter Fazit bleiben vom MINI Rocketman Concept also übrig? Erstens: Er kommt, der MINI unterhalb des R56 (wenn man autoexpress.co.uk glauben darf), aber einen echten Kleinstwagen mit weniger als 3 Meter Außenlänger wird es auch in den nächsten Jahren nicht geben. Zweitens: Er gibt einen Ausblick auf das Design der zukünftigen MINI Modelle. Dabei wird sich wieder stärker an der Stilikone R50 orientiert. Eine flach verlaufende Motorhaube mit ausgeprägteren Kotflügeln erinnert nicht nur ein wenig an eine Designikone aus Zuffenhausen, sondern lässt die Studie auch deutlich weniger aufgedunsen wirken, als die aktuellen R5x Modelle.
Der MINI Rocketman Scheinwerfer: Rund und innovativ
Drittens: MINI Scheinwerfen dürfen auch zukünftig rund sein und können mit moderner LED Technik auch ohne viele Ecken Akzente setzen. Viertens: Carbon ist schön anzuschauen und schön leicht. Der an der Studie üppig verwendete Werkstoff unterstreicht, dass es die BMW Group nicht nur bei BMW i mit der Nachhaltigkeit ernst meint und daher bei allen Marken des Konzerns auf die Gewichts- und Verbrauchsbremse drückt. Einen Serien-MINI mit diesem hohen Carbon-Materialeinsatz wird dem werten Leser jedoch auch in den nächsten Jahren nicht auf den öffentlichen Straßen entgegenrollen. Fünftens: MINI bleibt sich treu, MINI bleibt Lifestyle und MINI unterstreicht dies „blendend“ mit dem Rocketman Concept. Auch wenn dieses ein paar Zentimeter zu lang und zu breit ist.
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